Bedürfnisse? Ich? Was ist das?

Als frischgebackene Mamas* lernen wir sehr bald, dass es wichtig ist, die Bedürfnisse unseres Babys schnellstmöglich zu erfüllen. Ein Baby kann man nicht verwöhnen, das hat die pädagogische Forschung mittlerweile hinreichend belegt.

Aber was ist eigentlich mit unseren eigenen Bedürfnissen? Im Strudel aus Milch, Windeln und Einschlafbegleitung gehen die vor allem in der ersten Zeit oft sang- und klanglos unter.

Während uns von allen Seiten „Selbstfürsorge!“ entgegengeschrien wird, als wäre eine Pediküre das perfekte Allheilmittel, fehlt es uns in den ersten Monaten oft an den grundlegendsten Dingen: Trinken, wenn wir durstig sind. Essen, wenn wir hungrig sind. Schlafen, wenn wir müde sind. Auf die Toilette gehen, wenn wir müssen.

Darum hier meine kleine Anleitung in Babyschritten: So lernst du, wieder mit deinen Grundbedürfnissen in Kontakt zu kommen und sie auch zu stillen!

Erstens: Wahrnehmen

Die erste Übung ist, überhaupt erst einmal deine Grundbedürfnisse wieder wahrzunehmen: Essen, Trinken, Schlafen, auf die Toilette gehen. Beobachte, wann du sie spürst und wie stark sie dafür werden müssen. Entdeckst du dabei Regelmäßigkeiten? Was machst du in den Momenten, bevor du sie wahrnimmst?

Mit diesen Beobachtungen wird es dir nach und nach leichter fallen, jene Situationen zu erkennen, in denen deine Bedürfnisse bislang von anderen Dingen überlagert waren.

Damit kannst du nun üben, auch in genau diesen Momenten in dich hineinzuspüren: Was brauche ich gerade? Dann kann das Priorisieren schon viel bewusster stattfinden.

Zweitens: Selbstversorgung

Ja, richtig gelesen – Selbstversorgung, nicht Selbstfürsorge. Denn hier geht es nicht um das vielbeschworene Bad bei Kerzenschein, sondern um deine Grundbedürfnisse. Und von jetzt an darfst du üben, diese so schnell wie möglich zu befriedigen.

Nun ist das mit Baby oder Kleinkind(ern) bekanntlich gar nicht so einfach. Wie kannst du es dir also leichter machen?

Trink-Tankstellen

An mehreren strategisch günstigen Orten in der Wohnung einrichten: eine hübsche Flasche oder Karaffe mit einem Glas daneben reicht. Morgens befüllen, bei jedem Vorbeigehen ein paar Schluck nehmen. Vor allem wenn du stillst (unbedingt auch am Stillplatz was zu trinken haben!), wird es dir auch deine Verdauung danken.

Gesunde Snacks

Auch ich hatte die Schoko-Phase, in der ich mir in meinem übermüdeten, ausgelaugten Heißhunger einfach nur alles schnell Verfügbare reingestopft habe. Da ist es gut, wenn auch gesunde Optionen vorhanden sind.

Dafür kannst du z. B. Student*innenfutter, frisches Obst oder Gemüse vorbereiten oder bereitstellen (lassen), sodass du sie dir nur noch greifen musst. Auch Proteinshakes sind eine sinnvolle und schnelle Möglichkeit, dich bei Kräften zu halten! Die gibt es mittlerweile auch vegan in gut und lecker.

Ungestörter Schlaf

Vereinbare ein verbindliches Zeitfenster am Tag, an dem jemand anders mit Kind und Kegel die Wohnung verlässt und du ohne Geräuschkulisse oder Unterbrechungen schlafen (oder auch bloß ein Buch lesen) kannst. Und ich kann die Wichtigkeit dieses Punkts gar nicht genug unterstreichen. Nicht ohne Grund wertet z. B. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Schlafentzug als Foltermethode.

Ich weiß, auch dein*e Partner*in (soweit vorhanden) braucht Schlaf, um (in den meisten Fällen) für die Erwerbsarbeit fit zu sein. Nur wird dabei oft vergessen, dass auch du Arbeit leistest – und zwar eine, bei der Ausfälle durch Übermüdung konkret Leben und Gesundheit eures Kindes bedrohen. Hier hilft es, wenn ihr euch daran erinnert, dass ihr nicht im Wettbewerb seid, wem es mieser geht.

Macht euch stattdessen bewusst, dass ihr ein Elternteam seid, das gemeinsam dieses Riesenprojekt bestmöglich bewältigen will. Aus dieser Haltung heraus findet ihr sicher eine Lösung, die auch dir täglich wenigstens ein bisschen echte Ruhe (ohne Gebrüll aus dem Nebenraum) ermöglicht, und wenn es nur anderthalb Stunden sind.

Mit Baby aufs Klo

Bei Harndrang auch wirklich auf die Toilette gehen … So banal es klingt, auch das kann mit einem nähebedürftigen Baby wie ein Ding der Unmöglichkeit erscheinen – ich hab es selbst erlebt. Deshalb mein Tipp Nr. : Auch mit Kind in der Trage ist der Toilettengang möglich, wenn die Kleidung stimmt. Es braucht zwar etwas Übung, aber die kann sich sehr lohnen.

Tipp Nr. 2: Auch ein fix auf den Badezimmerboden geworfenes Handtuch ist als Babydecke akzeptabel. Du musst im Bad nicht gleich eine ganze Spielstation aufbauen. Wenn es dich nicht stört, kannst du aber natürlich trotzdem eine Rassel oder ein Fühlbuch dort deponieren.

Wichtig, wenn du geboren hast: Nicht vorsorglich gehen, wenn du noch gar nicht musst! Das kann die Rückbildung behindern und es dir erschweren, das feine Gespür für deine Blase zurückzugewinnen, das nach einer Schwangerschaft und Geburt oft noch eine Weile beeinträchtigt ist.

Beste Nebenwirkung: Selbstvertrauen aufbauen

Mit diesen kleinen Alltagshandlungen kannst du einen Prozess in Gang setzen, der dich immer mehr zurück zu dir selbst führen wird. Und wenn du dir dabei jedes Mal bewusst machst, dass du gerade für dich sorgst, kann das Wunder wirken für dein Selbstvertrauen. Denn dann lernst du: Ich kann mich auf mich verlassen.

Fällt es dir schwer, für deine Bedürfnisse einzutreten, selbst wenn sie dir bewusst sind? Auch damit bist du nicht allein. Ich kann dich dabei unterstützen, die Glaubenssätze freizulegen, die dich da begrenzen – und eine erweiterte Haltung zu entwickeln, die nicht nur dich näher zu dir, sondern auch euch als Familiensystem enger zusammenbringen wird. Klingt gut? Dann melde dich gern für einen unverbindlichen Kennenlern-Call.

* ob cis, trans oder nichtbinär

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