Mütter* stärken – wie geht das?
Freya hebt mit kräftigen Armen strahlend ihre zweijährige Tochter in die Höhe, deren Kleid fliegt.
Starke Mütter* leben ihren Kindern vor, dass es auch anders geht.

„Wer Mütter stärkt, stärkt die ganze Gesellschaft.“

Alexandra Schwarz-Schilling

Das sagte meine Lehrcoachin Alexandra Schwarz-Schilling zu mir, als ich soeben mein Coachingkonzept vorgestellt hatte: Mütter* in der Matreszenz begleiten. Ich war unheimlich stolz und glücklich, denn genau das ist es, wofür mein Herz brennt! Seither ist mir diese Aussage noch viele Male begegnet, deshalb freue ich mich sehr, heute mal aufzuschreiben, wie das bei mir eigentlich konkret aussieht: Mütter* stärken.

Dieser Artikel ist Teil der Blogparade „Die Welt braucht Frauen – Was tust du, um Frauen zu stärken?“ von Susanne Berg, die dort schon viele weitere inspirierende Posts zu diesem so wichtigen Thema versammelt hat. Wenn du auch etwas dazu zu sagen hast: Die Blogparade ist offen für alle! Schau dir einfach Susannes kurze Anleitung an, schreib drauflos und verlinke deinen Artikel unter ihrem Beitrag. Wir brauchen viel mehr Stimmen für uns Frauen*!

Warum gerade Mütter*?

Wie so oft liegt auch meinem Herzen das am nächsten, was mich selbst betrifft. Mein eigener Weg in die Mutterschaft war holprig, und mir hat nicht nur eine Therapie geholfen, sondern auch die Selbsterfahrung im Rahmen meiner Coachingausbildung. Genau das will ich weitergeben, damit die Welt für uns Mütter* und unsere Familien eine bessere wird!

Mein Weg: als Mutter durchs Tal der Tränen

Als ich Anfang 2020 schwanger wurde, brach kurz darauf die Corona-Pandemie los und ich war fast während meiner gesamten Schwangerschaft und des ersten Babyjahrs so einsam wie nie zuvor. Dann kam mein Sohn in die Kita und ich wurde wie erhofft gleich wieder schwanger – nur um mit einer auch diesmal zermürbend anstrengenden Schwangerschaft plus gefühlsstarkem Kleinkind plus gewaltigem Workload unter Zeitdruck an die Grenzen meiner Kapazitäten zu stoßen.

Doch das zweite Babyjahr nutzte ich, um mich zum ersten Mal zu fragen, was ich mir eigentlich wünschte: Ich nahm am Gruppencoaching „Mama im Beruf“ der Vereinbarkeits-Coachin Hanna Drechsler teil und entwickelte über die gemeinsamen Wochen dort meinen neuen beruflichen Leitstern:

Es ist meine Mission, Frauen* mit Freude, Achtsamkeit und Klarheit dabei zu unterstützen, ihren Weg zu gehen und sich die dafür notwendigen Ressourcen zu sichern.

Weil ich schon immer gern anderen ein verständnisvolles Ohr geliehen habe, beschloss ich, mich selbst zur Coachin ausbilden zu lassen. Ich buchte mit neun Monaten Vorlauf die Ausbildung bei meinem Wunsch-Institut Coaching Spirale, das genau die Haltung vertrat, mit der ich für meine zukünftigen Klient*innen da sein wollte.

Zwei Monate und einen Umzug später, Anfang 2023, fand ich mich im tiefsten Loch meines Lebens wieder. In der Mehrfachbelastung von Baby, gefühlsstarkem Kleinkind, Erzieherinnenwechsel in der Kita und Umzug hatte ich meine Ressourcen restlos aufgebraucht. Ich begann eine Therapie bei der wundervoll achtsamen, zugewandten und erfrischenden Paulin Schöber, in der wir viel mit kindlichen Anteilen von mir arbeiteten, die ich nach und nach immer besser integrieren und „bemuttern“ konnte. Dabei fand ich auch immer mehr in meine eigene Souveränität als Mutter hinein. In dieser Zeit hörte ich zum ersten Mal von der „Muttertät“ und tat den Begriff anfangs noch als albernes Wortspiel ab.

Erst als ich schon mitten in meiner Coaching-Ausbildung steckte, erfuhr ich, dass das Phänomen Muttertät oder Matreszenz tatsächlich ein (seit Kurzem) wissenschaftlich erforschter Lebensabschnitt ist, und war fasziniert. Neuropsychologie fand ich schon immer sehr spannend, und dank meines (erst jetzt, im Sommer 2024, diagnostizierten) ADHS kann ich mich sehr schnell sehr vertiefen in Themen, die mich interessieren. Also tauchte ich ab und gewann eine völlig neue, weit umfassendere Perspektive auf meine Mutterschaft. Plötzlich ergab so vieles einen Sinn!

Mein Ziel: die Welt verändern!

Als es dann zum Ende der Grundausbildung darum ging, mein persönliches Coachingkonzept vorzustellen, war mir glasklar: Andere Mütter* müssen auch erfahren, was da für umwälzende Veränderungen in uns stattfinden! Für mich war es so befreiend, dieses neue Wissen in Verbindung mit den in meiner Ausbildung erlernten Methoden für mich persönlich anzuwenden und zu verinnerlichen, dass ich wusste, ich will das weitergeben.

Denn als Mütter* sind wir nie so allein wie in den Momenten, in denen wir nicht weiter wissen. Und entgegen dem, was uns der Muttermythos weismachen will, passiert das oft. Ich möchte behaupten: täglich, stündlich, teils sogar minütlich. Denn wir kennen eben nicht von Anfang an den perfekten Umgang mit unserem Baby, können nicht in jeder Situation zugewandt und ruhig bleiben und geben nicht an der Kreißsaaltür unsere eigenen Wünsche, Träume und Ambitionen ab, um fortan unsere einzige Erfüllung im Mutter*dasein zu finden.

Schließlich sind wir immer noch dieselben Frauen* wie zuvor – und auch wieder nicht. Denn jetzt sind wir auch Mütter*, und das Hineinwachsen in diese Rolle kann mit tiefgreifenden Veränderungen unserer Psyche, unserer Beziehungen, unserer Werte und unserer Ansprüche an die Erwerbsarbeit einhergehen. Das im Alleingang zu bewältigen ist eine große Herausforderung, die viel Kraft braucht. Nur allzu oft neigen wir als weiblich sozialisierte Personen dazu, stattdessen schnell wieder funktionieren zu wollen und bloß niemanden mit unseren Befindlichkeiten zu belästigen.

Es ist nur so: Wir prägen die nächsten Generationen unserer Gesellschaft. Unsere Kinder lernen nicht, was wir ihnen erzählen, sondern was wir ihnen vorleben. Und wenn wir diesen Kreislauf durchbrechen wollen, der Frauen* dazu verdammt, ausschließlich für andere dazusein (und Männer* zu gefühlstauben Versorgern degradiert), dann müssen wir unseren Kindern etwas anderes vorleben. Und wen erleben sie in Zeiten eines immer noch beschämend hohen Gender Care Gaps am meisten? Richtig. Die Mütter*.

Und wie sieht diese Stärkung nun aus?

In einer so umwälzenden Lebensphase wie der Muttertät kann ein achtsames, einfühlsames Coaching eine unheimlich bereichernde Unterstützung sein. Im systemischen Coaching betrachte ich als Coachin gemeinsam mit meiner Klient*in ein Thema oder Anliegen, bei dem sie* das Gefühl hat, allein nicht weiterzukommen. Wenn es bei einem unverbindlichen Kennenlernen passt und wir beschließen, zusammenzuarbeiten, klären wir in der ersten Sitzung das Ziel für unseren Coachingprozess. Dazu stelle ich so gut wie immer die Frage: Was müsste hier passieren, damit du am Ende sagst: „Das hat sich so richtig gelohnt!“?

Unterstützung bei der Erkenntnisfindung …

Für mich gilt als oberste Maxime:

Jede Frau* ist die Expertin ihres eigenen Lebens.

Meine Klient*innen kommen zu mir, um in vertrauensvollem Rahmen über ihre Themen zu sprechen. Als Coachin habe ich nur ein einziges Ziel: Sie bei der Erkenntnisfindung und Umsetzung zu unterstützen. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass meine Klient*innen alles in sich tragen, was sie brauchen. Bei mir sind sie, um es freizulegen und zu verstehen, warum sie es bislang nicht ausleben – oder nicht so, wie es ihnen guttun würde.

Den Inhalt unserer Sitzungen bestimmt also immer die Klient*in, ich bin allein für die Methoden zuständig, mit denen wir diesen Inhalt in geschütztem Rahmen betrachten. Und ich bringe mein Wissen über die Besonderheiten und Herausforderungen der Muttertät mit ein, das oft schon hilft, Dinge in einem anderen Licht zu betrachten und zu begreifen.

… kann ungeahnte Kräfte freisetzen.

Wirklich tief hineinzugehen und die eigenen Muster zu hinterfragen – oder neue Aspekte der eigenen Persönlichkeit wahrzunehmen und anzuerkennen – kann unheimliche Kräfte freisetzen. Wenn wir erst einmal verstanden haben, warum wir so lange auf eine ganz bestimmte Weise durchs Leben gegangen sind, können wir von da an in jeder Situation aufs Neue bewusst entscheiden, ob wir es diesmal wieder so oder vielleicht einmal anders machen möchten. Wenn wir verstehen, welche Bedürfnisse und Ziele hinter neuen Verhaltensweisen stehen, finden wir viel leichter noch weitere Wege, uns diese zu erfüllen oder sie zu erreichen.

Wenn wir als Mütter* den Fokus auf uns selbst richten, wirklich hinschauen und uns für diese innere Arbeit schätzen und anerkennen, kommen wir so richtig in unsere Kraft. Wie die Klientin, die sich am Ende für die familiär deutlich herausforderndere von zwei Fachärztin-Ausbildungen entschied, weil sie ihren starken moralischen Kompass anerkennen und wertschätzen lernte. Wie die Klientin, die sich endlich erlaubt, mit ihren Ressourcen zu haushalten, weil sie in ihr Herz lassen konnte, dass sie nicht für die Stimmungslage ihres gesamten sozialen Umfelds verantwortlich ist. Wie die Klientin, die sich nicht mehr von ihrem Partner kleinmachen lässt für ihre feministischen Ansichten, weil sie jetzt weiß, dass das zum Kern ihres Seins gehört und sie stark macht.

Wie ich, die jeden Tag ein Stück mehr ihren Traum verwirklicht, Müttern* zur Seite zu stehen und sie stärker zu machen.

*ob cis, trans oder nichtbinär.

2 Comments

  1. Susanne Berg

    Liebe Freya,

    wow, was ein kraftvoller Text! Welch herzenstiefe Erfahrungen! Meine Kinder sind erwachsen und ich liebe sie und bin aus tiefstem Herzen stolz auf sie. Ich bin mit Leib und Seele gerne Mutter gewesen und bin es noch. Dennoch waren meine Jahre als Familienmutter oft hart. Ich war oft so unglaublich erschöpft und seelisch und körperlich ausgebrannt, dass ich ohne zwei Kuren nicht mehr weitergewusst hätte. Und wie oft dachte ich „das kann doch nicht Sinn der Sache sein, da ist doch ein Fehler im System“. Deswegen finde ich deine Arbeit und Herangehensweise enorm wichtig.
    Von Herzen,
    Susanne

    Reply
    • Freya Rall

      Liebe Susanne,
      wie schön, dass du dich in meinem Text wiederfindest und meine Arbeit so schätzt! Und auch für Mütter*, deren Kinder keine mehr sind, schreibe ich hier. Denn so viele aus den Generationen vor uns haben so hart geschuftet, ohne zu ahnen, dass ihre Erschöpfung nicht in ihrer Unfähigkeit wurzelt, sondern in einem System, das Frauen* strukturell benachteiligt und ausbeutet – damals wie heute. Zum Glück werden wir immer mehr, die füreinander da sind, statt dem Narrativ der weiblichen Konkurrenz aufzusitzen, mit dem das Patriarchat uns schon so lange gekonnt teilt und beherrscht.

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